Lommbock
Filmbewertung: ausgezeichnet
Starttermin: 23.03.2017
Regisseur: Christian Zübert
Schauspieler: Moritz Bleibtreu, Lucas Gregorowicz, Louis Hofmann
Entstehungszeitraum: 2016
Land: D
Freigabealter: 12
Verleih: Wild Bunch
Laufzeit: 106 Min.
Lucas Gregorowicz
"Kiffen sollte noch salonfähiger sein"
Der Stefan in Christian Züberts "Lammbock" (2001) war die erste Filmrolle von Lucas Gregorowicz überhaupt: ein stetig hadernder Kiffer, der sein Jura-Studium mit einem als Pizzeria getarnten Gras-Lieferdienst finanziert. Geschadet hat dem damaligen Theaterschauspieler die "Kifferrolle" gewiss nie. "Hör mal, ich bin 'Polizeiruf'-Kommissar!", kontert der 40-Jährige verschmitzt auf Nachfrage. "Jürgen Prochnow hat 'Das Boot' und ich habe 'Lammbock'." Als Autor und Regisseur Zübert sein Protagonisten-Duo Gregorowicz und Moritz Bleibtreu nach 16 Jahren mit der Idee für eine Fortsetzung namens "Lommbock" konfrontierte, gab es also kein Halten. Im Bayerischen Hof zu München outet sich der rauchende, Süßes von der Etagere naschende und mit Kaffee nachspülende Schauspieler als maximal umgänglicher Gesprächspartner, als Ex-(!)Kiffer, Bleibtreu-Kumpel und als stolzer Sohn Bochums.

AZ: Herr Gregorowicz, kiffen Sie?

Lucas Gregorowicz: Nein. Ich habe tatsächlich vor dem ersten Teil, also "Lammbock", damit aufgehört. Irgendwann fing es an, mir keinen Spaß mehr zu machen - bis hin, dass es unangenehm wurde. Also ließ ich es sein.

AZ: Was genau machte keinen Spaß mehr?

Gregorowicz: Ich werde einfach paranoid, habe keine schönen Gedanken. Und einzelne Situationen werden einfach viel, viel größer und bedrohlicher, als sie eigentlich sind. Ich werde unkommunikativ und auch nicht lustig. Also hilft's weder mir noch meiner Umwelt.

AZ: Und wie war es zu Ihren besten Kifferzeiten?

Gregorowicz: Am meisten Spaß machte es, wenn ich was zu tun hatte. Musikmachen war das Größte. Ob das andere dann hören wollen, was man da so fabriziert, ist eine andere Frage. Aber für mich war das immer der größte Spaß: Gras rauchen und Musikmachen.

AZ: Also nicht der gemütliche Abhäng-Kiffer ...

Gregorowicz: Nun ja, Gras ist keine Droge, die für unglaubliche Effizienz bekannt ist. Aber etwas Bewegung durfte schon dabei sein. Sommer-Kiffen am Strand, das ging auch immer gut. Bekifft nichts tun mochte ich aber nie. Sitzen und kiffen, nur um zu sitzen und zu kiffen, das war nicht mein Ding.

AZ: Über die Vergangenheit lässt sich leicht reden, aber würden Sie sich auch heute als Kiffer zu erkennen geben, wenn es so wäre?

Gregorowicz: Warum denn nicht? Man sollte das öffentlich sagen können. Wir müssen mit dem Thema Marihuana anders umgehen, so wie wir auch mit allen anderen Drogen gesellschaftlich anders umgehen müssen. Wenn man gerade Gras mit Alkohol vergleicht, sollte Kiffen schon lange noch salonfähiger sein, als es bereits ist.

AZ: Wäre Kiffen dann überhaupt noch das Gleiche?

Gregorowicz: Wenn die Aura des Verbotenen wegfiele? Wenn in jedem Regal hundert verschiedene Cannabis-Schokoladentafeln stehen würden? Klar, da verliert sich auch diese besondere Identität des Kiffens - wie man kifft, was man kifft, wie man es zelebriert, ob man es zelebriert ... Das geht mit einer eigenen Welt einher.

AZ: Sind Sie für eine Legalisierung?

Gregorowicz: Die Freigabe für medizinische Zwecke ist sicherlich ein großer Schritt in die richtige Richtung. Ein wichtiger Schritt. Aber ein politisches Statement für die völlige Freigabe mag ich hier nicht abgeben. Letzten Endes fehlt mir da auch jegliches Eisen im Feuer.

AZ: Ist "Lommbock" ein Statement pro Legalisierung?

Gregorowicz: Würde ich so nicht sagen. Das war "Lammbock" vor 16 Jahren auch nicht. Beides sind keine klassischen Kifferkomödien, die sich nur darüber definieren. Kiffen ist darin natürlich ein Mittel, den Film in einem Milieu zu verorten und ihn damit im wahrsten Sinne des Wortes zu würzen. Aber es geht vielmehr um die Auseinandersetzung mit dem Leben, um Freundschaft und Situationen, in die man mit damals Mitte 20 und jetzt eben Anfang 40 gerät.

AZ: Die Freundschaft zwischen Ihrer Figur Stefan und Moritz Bleibtreus Kai steht dabei im Mittelpunkt. Sind Sie mit Bleibtreu auch im echten Leben befreundet?

Gregorowicz: Kann man schon so behaupten. Wenn Freundschaft heißt, man trifft sich ständig auf ein Bier, dann ist es keine. Aber wenn Freundschaft bedeutet, ich kann anrufen und sagen: "Moritz, ich steck in der Scheiße! Kann ich vorbeikommen?", dann schon. Echte Freundschaften sind nicht an Zeit gebunden, es geht um das gemeinsame Nachvorneschauen und nicht darum, sich über die Vergangenheit zu definieren.

AZ: Und diese Art von Beziehung zu Bleibtreu hat sich 16 Jahre gehalten oder erlebt diese Freundschaft aktuell ein Revival?

Gregorowicz: Erstaunlicherweise hielt sich das. Wir hatten berufsbedingt natürlich nicht ständig miteinander zu tun, wohnten immer wieder auch in verschiedenen Städten. Aber das Band zwischen uns ist nie zerrissen. Dass es aber auch vor der Kamera noch so gut funktioniert, war nicht selbstverständlich. Doch es benötigte keinen Tag, bis wir wieder in einer gemeinsamen Spur waren.

AZ: Gibt es auch einen "Kai" in Ihrem Leben? Einen besten Freund aus Jugendtagen, einen auf Lebenszeit?

Gregorowicz: Gibt es, ja. Es sind nicht viele, auf die das zutrifft. Und manchmal ist es wie bei Stefan und Kai auch, dass man sich Jahre nicht wirklich sieht. Aber man weiß, man kann sich hundert Prozent auf diejenigen verlassen. Hier und da braucht es jemanden, dessen Wort man zu Herzen nimmt, der dir mal vor den Kopf stößt. Ich muss aber auch sagen, dass meine Frau darin sehr gut ist.

AZ: Hat Cannabis etwas Verbindendes? Etwas Freundschaftsförderndes?

Gregorowicz: Ich finde schon. Die meisten kiffen wohl im Beisein anderer. Gewissermaßen haben alle Drogen etwas Verbindendes. Okay, natürlich wird es bei exzessivem Gebrauch zum Selbstläufer. Man weiß genau: Wenn einer alleine trinkt, dann ist das gefährlich. Beim Kiffen ist das ähnlich.

AZ: In "Lommbock" kehrt Stefan nach Hause zurück. Sie sind in London geboren, erst in Polen, dann im Pott aufgewachsen. Wo wäre für Sie "nach Hause kommen"?

Gregorowicz: Nach neun Jahren in Polen landeten wir in Bochum. Da bin ich zu Hause. Da wohnen Familie und Freunde. Alle diese ersten großen Dinge des Lebens erlebte ich in Bochum. Die Jahre in Wien zuletzt, als ich am Burgtheater angestellt war, lehrten mich das. Da spürte ich sehr stark, dass ich in der Fremde bin. Ich weiß gar nicht, ob man einen solchen Heimatort braucht. Aber wenn, dann ist das Bochum.

AZ: Auch ein Ort, an den Sie zurückkehren würden?

Gregorowicz: Das wäre eine Option. Das müsste ich aber meiner Frau beibringen. Sie ist Berlinerin. Ihr Bochum zu vermitteln, ist nicht einfach. Einmal fuhren wir von dort nach Essen, die Grenzen im Ruhrgebiet sind ja schwimmend. Ich sagte: "Ah, Essen ist hässlich, ne! Guck Dir das mal an, ey!" Und meine Frau meinte nur: "Was ist denn mit Dir los? Das hier sieht überhaupt nicht anders aus als Bochum.". Auch da merkte ich: Okay, alles klar. Ich bin Bochumer.

Von Max Trompeter