Eine spektakuläre Karriere: Zum Tod von Artur Brauner
Sein Leben war eine deutsche Jahrhundertgeschichte: Als in Polen geborener Jude vor den Nazis geflüchtet, kehrte Artur Brauner 1946, mit 28 Jahren, nach dem Krieg nach West-Berlin zurück und gründete eine Filmfirma. Er wurde zu einem der wichtigsten Produzenten des deutschen Wirtschaftswunderfilms. Nun ist Brauner wenige Wochen vor seinem 101. Geburtstag, im Alter von 100 Jahren in Berlin gestorben.

Über 500 Filme verantwortete Artur Brauner als Produzent, "Der Garten der Finzi Contini" wurde 1972 mit dem Oscar als "bester fremdsprachiger Film" ausgezeichnet. Er selbst erhielt das Bundesverdienstkreuz, den Bambi, die Goldene Kamera und zahlreiche weitere (Ehren-)Preise. "Das große Geheimnis des Zelluloids ist es, das mich immer wieder weitertreibt: Bis zum Abspann weiß ich nicht, wie das Publikum reagiert. Nur die Leinwand ist ein Alles-oder-Nichts-Medium", sagte Brauner einmal im Interview mit der Nachrichtenagentur teleschau. Seine leidenschaftliche Begeisterung für die "laufenden Bilder" zeichnete ihn aus, sein Bemühen, sich bei der Arbeit immer wieder in jenem rotwangigen sechsjährigen Jungen hineinzuversetzen, der seinerzeit in Lodz wie gebannt vor Fritz Langs "Dr. Mabuse" saß. Dabei räumte er stets auch dem Trivialen seinen Platz ein, immer bekannte er sich zu seinen Caterina-Valente- oder Peter-Alexander-Filmen.

In seinen Ateliers entstanden Hunderte von Genrefilmen aller Sparten - Schlagerfilme, Krimis, Heimatfilme. Aber eben auch immer wieder relevante Filme, die sich mit dem Thema Krieg und Holocaust beschäftigten. Als eines der wichtigsten Beispiele gilt das Drama "Hitlerjunge Salomon" von 1990. Es erzählt die unglaubliche Geschichte des jüdischen Jungen Salomon Perel, der 1941 auf der Flucht gefangen genommen wird und sich durch die Annahme einer falschen Identität dem sicheren Tod entzieht.

"Ihr dürft nicht vergessen"

"Ihr dürft nicht vergessen", mahnte der polnische Jude und Ex-KZ-Häftling immer wieder, drehte beharrlich einen Film über die Nazizeit nach dem anderen. Von ganzem Herzen wurde Artur Brauner in Deutschland auch aus diesen Gründen nie geliebt. Sicher, seine Nachkriegsfilme wie "Der brave Soldat Schweijk" oder "Das Mädchen Rosemarie" wurden in den USA mit dem "Golden Globe" ausgezeichnet und ohne seine "Dr. Mabuse" und "Edgar Wallace"-Filme wäre das Wirtschaftswunder-Kino kaum denkbar. Doch so gern man sich auch von "Atze" Brauner und seinen mondänen Lillis und Lollos in rosarote Zelluloidtraumwelten entführen ließ - der Mann mit den Markenzeichen Glatzkopf und Schnurrbart blieb immer ein wenig unbequem.

So kam es auch, dass die deutsche Kommission "Hitlerjunge Salomon" als deutschen Beitrag für den Oscar damals ablehnte. Artur Brauner gab sich verbittert über jenen "Schlag ins Gesicht:" "Die Entscheidung ist symptomatisch dafür, wie die Deutschen mit ihrer Vergangenheit umgehen. Ich bin immer noch der Meinung, dass sie von einem nationalistischen Standpunkt her gefällt wurde." Der Film-Mogul glaubte: "Weil niemals wirkliche Aufklärungsarbeit geleistet wurde, hat keine Zäsur der Unmenschlichkeit stattgefunden. Wirtschaftswunder und industrieller Aufschwung haben nur darüber hinweggetäuscht. Jetzt, in der dritten Generation, geht die Saat der Gewalt auf."

Von Jasmin Herzog