Flitzer
Filmbewertung: überzeugend
Starttermin: 16.11.2017
Regisseur: Peter Luisi
Schauspieler: Beat Schlatter, Bendrit Bajra, Doro Müggler
Entstehungszeitraum: 2017
Land: CH
Freigabealter: 6
Verleih: X Verleih
Laufzeit: 98 Min.
Lehrer, Papa, Flitzergott
Der Fußball verliert derzeit seine Romantik. Dank Milliardentransfers oder dem Videobeweis, der dem Stadionbesucher den Torjubel inzwischen gänzlich verwehrt, wird sichtbar, wie sehr diesem Sport inzwischen die Bodenhaftung fehlt, gleichwohl auch die Leichtigkeit. Mit herrlichem Provinzcharme bringt der Schweizer Regisseur Peter Luisi wenigstens Letztere zurück auf den Platz, wenn er in seinem Kinofilm "Flitzer" das Augenmerk auf eben jene Störenfriede legt und eine hanebüchene Story um diese webt.

Man hätte es wissen können, dass von diesem Mann wieder Seltsames kommt. Der Zürcher mit der Schweizer, der italienischen und amerikanischen Staatsbürgerschaft hat mit der Komödie "Ein Sommersandtraum" (2011) und seinem Locarno-Erfolg "Schweizer Helden" (2014) bereits gezeigt, wie schwer auszurechnen er ist. Seinem filmischen Statement zu Asylanten ist "Flitzer" weniger ähnlich als dem "Sommersandtraum", bei dem ein Mann stets Gewicht verlor, da Sand aus ihm herausrieselte. Was komisch klingt, war eine interessante und liebenswürdige Kinogeschichte, die in Erinnerung blieb. Diesmal setzt Luisi mehr auf Slapstick und das Ziel, lustig zu sein. Das erreicht er ganz bestimmt, wenn er den Deutschlehrer Balz Näf (Beat Schlatter) in eine fiese Situation schubst.

Als glühender Verehrer des Schriftstellers Gottfried Keller will er ein Museum zu dessen Ehren eröffnen, doch sein Schulleiter (Dominic Deville) haut ihn, den Näf, in die Pfanne und bringt den naiven Lehrer um die finanziellen Früchte seiner Arbeit. Näf, der immer ein wenig Angst hat vor der eigenen Courage, lässt sich enttäuscht auf einer Welle des Alkohols treiben und schnappt dabei auf, dass sein Friseur, der Albaner Kusthrim (Bendrit Bajra) was mit Sportwetten dreht.

Es dauert einen Moment, bis man zu Verbündeten wird, sich auf eine neue Art der Wetten verständigt, die zunächst das Auftreten eines Flitzers und später seine Performance zum Inhalt haben. Die Logikfrage sollte man an dieser Stelle nicht stellen. Man kann dem Regisseur auch vorwerfen, dass er mit viel Nacktheit, sowohl weiblicher als auch männlicher, hausieren geht. Näfs Tochter (Luna Wedler) scheint gerade erfolglos vom "Fack ju Göhte"-Casting zu kommen, und Bendrit Bajra ist ein YouTube-Star, der mittlerweile semiprofessionell Späße über Albaner in der Schweiz macht. Alles sehr populistisch und auch die Drehbuchwendungen sind sicherlich auf Viertklässlerniveau.

Aber betrachtet man schlicht Szene um Szene, ist es doch unmöglich, sich das Lachen zu verkneifen. Zu lustvoll packt Luisi sein Thema an, das dann doch mehr der brave Bürger auf mutigen Abwegen ist, als dem Fußball eine Portion Romantik zurückzugeben. Dennoch sind die Aufnahmen vom Spiel herrlich altmodisch. Und auch die Ideenflut macht einfach Laune. Wie dieser Näf eine Truppe begeisterter Flitzer rekrutiert und trainiert, das ist beste Unterhaltung.

Natürlich ist ihm eine ehrgeizige Polizistin (Doro Müggler) auf den Fersen und natürlich kreuzen sich auch privat die Wege des Lehrers und der Ermittlerin. Und würde Hauptdarsteller Beat Schlatter mit seinem gewinnenden Wesen, der sich als beleidigtes Genie selbst nicht geheuer ist, seine Sache nicht so gut machen, würde dieser Film wahrscheinlich durchfallen.

Mag sein, dass diese Komödie nicht hundertprozentig als Ganzes funktioniert, dennoch gibt der Regisseur dem Zuschauer kaum eine Chance auszusteigen. Denn dieser Detailverliebtheit kann man sich nicht entziehen. Das ist schon exzellenter Blödsinn.

Von Claudia Nitsche